Riesenbakterium schreibt die Regeln der bakteriellen DNA-Organisation neu

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Tief in den Mangrovensümpfen der Karibik haben Wissenschaftler ein Bakterium namens Thiovulum imperiosus entdeckt, das seine DNA auf eine noch nie dagewesene Weise organisiert. Diese Entdeckung stellt lang gehegte Überzeugungen über die Einfachheit von Bakterien in Frage und legt nahe, dass die mikrobielle Welt weitaus komplexer ist als bisher angenommen.

Eine überraschende Zellstruktur

Seit Jahrzehnten werden Bakterien in Lehrbüchern als relativ unkomplizierte Organismen beschrieben, deren DNA frei in ihren Zellen schwimmt. T. imperiosus bricht mit diesem Schema. Forscher fanden heraus, dass diese riesige Mikrobe – mit bloßem Auge als winziger Punkt sichtbar – ihr genetisches Material in membranartige Kompartimente entlang der Zellperipherie einwickelt. Dies ist ein grundlegend anderer Ansatz zur DNA-Organisation als bei fast allen anderen bekannten Bakterien.

Das Team unter der Leitung des Meeresmikrobiologen Jean-Marie Volland von der University of California, Santa Barbara, stieß auf T. imperiosus bei der Erkundung der Artenvielfalt der Mangrovenökosysteme Guadeloupans. Diese schwefelreichen Sümpfe riechen zwar übel, beherbergen aber eine Fülle unerforschten Lebens, darunter auch dieses bemerkenswerte Bakterium.

Wie sich die Fächer bilden

Mithilfe fortschrittlicher Mikroskopietechniken beobachtete Vollands Team einen großen, leeren Raum in T. imperiosus, mit bauchigen Fächern, die den inneren Rand der Zelle auskleiden. In diesen Taschen sind DNA und Zellbestandteile zusammengepfercht, quasi gegen die Zellwände gedrückt. Die Visualisierung ähnelt einem Wasserballon in einem anderen Ballon, wobei der innere Ballon stark komprimiert ist.

Dies ist kein Einzelfall. Vollands Team identifizierte zuvor ein anderes Riesenbakterium, Thiomargarita magnifica, mit einer anderen, aber ebenso ungewöhnlichen Methode zur DNA-Kompartimentierung: regelmäßig verteilte Blasen, die sein genetisches Material enthalten. Der wiederholte Befund legt nahe, dass diese Art der Zellorganisation bei großen Bakterien häufiger vorkommen könnte als bisher angenommen.

Implikationen und zukünftige Forschung

Die Entdeckung von T. imperiosus und T. magnifica wirft kritische Fragen zur bakteriellen Evolution und den Grenzen der mikrobiellen Komplexität auf. Wenn diese großen Bakterien eine derart ausgefeilte DNA-Organisation entwickelt haben, deutet dies darauf hin, dass es in der Bakterienwelt möglicherweise von unentdeckten Strukturen und Funktionen wimmelt.

„Ich denke, dass sich in der Welt der Bakterien eine Menge Komplexität verbirgt, die wir noch nicht entdeckt haben“, sagt Volland.

Dieses Ergebnis unterstreicht die Notwendigkeit einer weiteren Erforschung wenig erforschter Ökosysteme wie Mangrovensümpfe, in denen die Artenvielfalt weitgehend unbekannt bleibt. Die herkömmliche Sichtweise von Bakterien als einfache Organismen wird auf den Kopf gestellt und ebnet den Weg für ein tieferes Verständnis des Lebens auf seiner grundlegendsten Ebene.